Universitätsprofessor

Dr. Bruno Niederle

Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie

Spezialisiert auf Endokrine Chirurgie

Fellow of the European Board of Surgery - Endocrine Surgery (FEBS)

Fellow of the Royal College of Surgeons (FRCS)

Fellow of the American College of Surgeons (FACS)

Allgemeines über die Schilddrüse

Die Schilddrüse (lat. Glandula thyr(e)oidea) ist eine wichtige Hormondrüse, die viele Vorgänge im Körper steuert bzw. beeinflusst.

Deshalb wird sie zu den „endokrinen" Organen gezählt.

Lage

Sie befindet sich am Hals schildartig unterhalb des Kehlkopfes vor der Luftröhre oberhalb des Brustbeins. Sie hat die Form eines Schmetterlings und hat zwei „Lappen“ die durch eine Gewebebrücke (Isthmus) verbunden sind. Die Lappen sind weich und in gesundem Zustand fast nicht zu tasten.

Trotz des geringen Volumens (Größe ein- bis zweimal so groß wie das Daumenendglied des Menschen; ca. 18ml bei Frauen, 25 ml bei Männern) ist die Schilddrüse durch Produktion ihrer Hormone ein lebenswichtiges Organ.

Aufgaben

Es ist Aufgabe der Schilddrüse aus Jod und anderen Bausteinen bestimmte Hormone herzustellen und zu speichern. In die Blutbahn werden drei wichtige Hormone abgegeben:
  • Tetrajodthyronin (Thyroxin, T4; inaktives Hormon)
  • Trijodthyronin (T3; aktives Hormon)
  • Calcitonin.

Die von der Schilddrüse gebildeten Hormone Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) sind iodhaltig. Sie werden von den Follikelepithelzellen gebildet, welche dabei auf eine ausreichende Zufuhr von Iod über die Nahrung angewiesen sind. Die Follikelepithelzellen bilden zunächst Thyreoglobulin und geben es in die Follikelhöhle ab. Weiterhin schleusen sie Iod und ein Enzym in das Follikelinnere. Letzteres sorgt für die Iodierung der Thyrosinanteile des Thyroglobulins. Das so entstandene Thyroxin und Triiodthyronin sind die eigentlichen Schilddrüsenhormone.

Die Funktion der Schilddrüse wird durch das Hormon TSH (Thyreoidea stimulierendes Hormon) aus der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) im Rahmen des thyreotropen Regelkreises gesteuert.

In Abhängigkeit vom TSH-Spiegel werden T3 und T4 vom Epithel aus den Follikeln in das Blut abgegeben.

Diese lebenswichtigen Hormone wirken in fast allen Körperzellen und regen dort den Energiestoffwechsel an. Ihre allgemeine Wirkung besteht z. B. in einer Erhöhung des Pulses und Blutdrucks, einer Gefäßerweiterung und einem Anstieg der Körpertemperatur. Außerdem sind sie für Wachstum und Differenzierung notwendig.

Schilddrüsenhormone sind lebenswichtig. Sie regeln wichtige Stoffwechsel-vorgänge im Körper und halten diese im Gleichgewicht.

T4 (und T3) steuern das Wachstum und sorgen dafür, dass sich Nervensystem, Kreislauforgane und Muskulatur im Kindesalter normal entwickeln und später reibungslos funktionieren. Energie-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel, Herz und Kreislauf, Magen und Darm, Nerven, Muskeln und Psyche werden unabhängig vom Alter beeinflusst.

Die parafollikulären C-Zellen (eigene Zellgruppe neben den "normalen" Schilddrüsenzellen) bilden das Calcitonin (2. Hormon der Schilddrüse).

Erkrankungen der Schilddrüse

Bei Schilddrüsenerkrankungen wird zwischen einer Vergrößerung (mit/ohne Knotenbildung) und einer Funktionsstörung (Unter-/Überfunktion) unterschieden

Vergrößerungen und Funktionsstörungen können nebeneinander vorkommen.

Als „Struma“ wird eine Schwellung bzw. Vergrößerung von Schilddrüsengewebe bezeichnet. Sie kann als euthyreote Struma (mit normaler Hormonsekretion), hyperthyreote Struma (mit Überfunktion) oder hypothyreote Struma (mit Unterfunktion) unterteilt werden.

Unter „Kropf“ versteht man eine tastbare, sichtbare oder messbare Vergrößerung (Struma) der im Hals befindlichen Schilddrüse.

Akute Entzündungen der Schilddrüse sind selten und werden als Thyreoiditis bezeichnet. Chronische Entzündungen (z.B. Hashimoto-Thyreoiditis) kommen etwas öfter vor.

Schilddrüsenknoten

„Knoten“ in der Schilddrüse sind häufig und werden nicht selten im Rahmen von Halsultraschalluntersuchungen (z. B.: Durchuntersuchung zum Ausschluss von Halsschlagader[=Carotis]veränderungen) beschrieben.

Nicht jeder „zufällig entdeckte“ Knoten in der Schilddrüse hat einen „Krankheitswert“.

Trotz Jodzusatz zum Speisesalz („Jodsalzprophylaxe“) liegt eine Hauptursache in einem „relativen“ Jodmangel. Wird zu wenig von diesem Spurenelement mit der Nahrung dem Körper und somit der Schilddrüse zugeführt oder wird Jod im Körper fehl verwertet, vergrößert sich die Schilddüse. In der Folge entstehen Knoten. Noch nicht fassbare erbliche Komponenten dürften dabei auch eine fördernde Rolle spielen. Andere Gründe sind Entzündungen, gutartige und bösartige Tumore und nicht selten Medikamente.

Knotenbildungen in der Schilddrüse können als „Kalter Knoten“ oder „Heißer Knoten“ vorkommen.

Bei kalten Knoten besteht die Möglichkeit der Bösärtigkeit (=Schilddrüsenkrebs). Bei warmen Knoten (= Autonomes Adenom) kann eine Neigung zur Schilddrüsenüberfunktion (=Hyperthyreose) vorliegen oder sich bereits manifestiert haben

Bösartige Erkrankungen der Schilddrüse

Die vom Schilddrüsengewebe (Hauptbaustein: Thyreozyt) ausgehenden Schilddrüsenkrebse können je nach Art des Aufbaus in ein papilläres, follikuläres oder anaplastisches Schilddrüsenkarzinom unterteilt werden.

Wucherungen der C-Zellen (Zwischen den Thyreozyten gelegen; produzieren das Hormon „Calcitonin“) – praktisch ausnahmslos mit erhöhtem basalen und/oder stimuliertem Calcitonin-Spiegel einher gehend - nennt man medulläres Schilddrüsenkarzinom.

Darüber hinaus kann selten auch eine Entartung vom Bindegewebe ausgehen (Sarkom).

Der „Krankheitswert“ von Schilddrüsenerkrankungen/Schilddrüsenknoten und somit die Notwendigkeit einer Behandlung (z.B. Schilddrüsenoperation) hängt von der Funktion der Schilddrüse bzw. des/der Knoten selbst, sowie von klinischen Beschwerden, von Ultraschallbild, Größe und Zahl der Knoten ab.

Unabhängig von ihrer Größe können Schilddrüsenknoten ein „Fremdkörpergefühl“ im Hals, größere Knoten eine mehr oder weniger sichtbare „Zunahme des Halsumfangs“ mit/ohne„Würge- und/oder Engegefühl“, fallweise „Schluckbeschwerden“ verursachen.

Jede Schilddrüsenvergrößerung mit/ohne Knoten muss durch spezielle Blutuntersuchungen weiter untersucht werden. Bei „fehlendem Krankheitswert“ ist aber zumindest eine Überwachung der Knotengröße mit Ultraschall (in speziellen Situation auch der Gesamtfunktion) notwendig.

Untersuchungen der Schilddrüse

Abtasten

Die Schilddrüse kann beim Menschen durch Abtasten (Palpation) des Halses untersucht werden. Eine ausgeprägte Struma ist sichtbar.

Laborchemische Diagnostik

(Laborchemie = Blutuntersuchungen zur Funktionsbestimmung

Ihr Hausarzt veranlasst die notwendigen Blutuntersuchungen:

  • TSH - (mit/ohne FT3, FT4)
  • Calcitonin
  • Calzium

Die Blutuntersuchungen sollen nüchtern durchgeführt werden. Dabei werden das basale TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon=Thyreotropin=thyreotropes Hormon) und das basale Calcitonin bestimmt.

TSH

Nicht selten sind Abweichungen im basalen TSH-Spiegel nach oben (Unterfunktion!) oder unten (Überfunktion!) erste Hinweise auf eine Schilddrüsenfunktionsstörung.

Zeigt sich der basale TSH-Spiegel außerhalb der Norm, werden zum definitiven Ausschluss einer Über- oder Unterfunktion weitere Blutuntersuchungen notwendig. Dabei werden das freie Thyroxin (F[f]T4; das eigentliche Schilddrüsenhormon) und das Gesamt-Thyroxin (gesT4) bzw. das Trijodthyronin (F[f]T3, aktives Schilddrüsenhormon) bestimmt.

Die Bestimmung des Thyreoglobulins (TG) ist anfangs nicht notwendig, da sich bei einer Erhöhung keine Änderungen der Behandlung ergeben. TG ist ein Protein. Nach aktuellem Kenntnisstand wird es ausschließlich in der Schilddrüse gebildet. Unter dem Einfluss von TSH wird Thyreoglobulin normalerweise in den Follikelzellen der Schilddrüse als Vorläufer für Thyroxin und andere Jodthyronine synthetisiert.

Der Nachweis von Thyreoglobulin beweist das Vorhandensein von Schilddrüsengewebe und ist ein spezifischer Tumormarker nach Behandlung eines Schilddrüsenkrebses (Schilddrüsenkarzinoms). Im Rahmen der Operation eines Schilddrüsenkarzinoms wird zunächst alles sichtbare und erreichbare Schilddrüsengewebe operativ entfernt. Abhängig von Tumorhistologie (bei follikulären; papillären Schilddrüsenkarzinomdn) und -stadium werden bei der anschließenden Radiojodtherapie alle verbliebenen (mit dem Augen nicht sichtbaren) Schilddrüsenzellen zerstört. Lässt sich bei späteren Kontrollen Thyreoglobulin messbar nachweisen, so ist dies ein eindeutiger Hinweis auf Schilddrüsen(karzinom)zellen.

Die Bestimmung von Schilddrüsenantikörpern (MAK [=TPO-AK=mikrosomale Antiköper]; TAK [Thyreoglobulinantikörper]; TRAK [TSH-Rezeptorantikörper] ist nur in besonderen Situationen (Autoimmunerkrankungen) notwendig.

Zumindest 95% der Patienten mit einem oder mehreren Knoten haben eine normale Schilddrüsenfunktion. Bei 3% liegt eine beginnende oder manifeste Über-, bei 2% eine Unterfunktion vor. Bei Patienten mit einer Schilddrüsenüber- oder -unterfunktion können auch Knoten in der Schilddrüse fehlen.

Calcitonin

Die Bestimmung des basalen Calcitonins ist im Rahmen jeder Schilddrüsen(durch-)untersuchung (vor allem wenn Knoten, egal welcher Größe vorliegen) essentiell!

Wird das basale Calcitonin (2. Hormon der Schilddrüse; von den sog. C-Zellen gebildet; Tumormarker – siehe oben) - zumindest zweimal bestimmt - über der Norm (> 10pg/ml) gemessen, ist eine spezielle weitere Untersuchung durch Stimulation (Calcium-Stimulationstest) sinnvoll. Ob ein Stimulationstest notwendig ist, sollte gemeinsam mit dem beratenden Internisten, Nuklearmediziner oder Chirurgen festgelegt werden.

Der Calzium-Stimulationstest wird nur in „Schilddrüsen-Ambulanzen“ mit besonderer Erfahrung durchgeführt. Vor allem bei Grenzbefunden entscheidet die Höhe des stimulierten Calcitonin-Spiegels über eine notwendige Schilddrüsenoperation und ihre Ausdehnung (Lymphknotenentfernung!)

Vorsicht: Calcitonin muss nüchtern zur Bestimmung abgenommen werden (Wasser erlaubt) – Einige Medikamente (z.B. PPI = Magenschoner) oder eine eingeschränkte Nierenfunktion erhöhen den nüchtern Calcitonin Spiegel.

Ein medulläres Schilddrüsenkarzinom (MTC; Laborchemisches Kennzeichen: stark erhöhtes Calcitonin) tritt bei Routinebestimmung des basalen Calcitoninspiegels bei nur knapp 1% der Untersuchten auf.

Bei Verdacht auf ein MTC ist immer eine Schilddrüsenoperation (Entfernung der gesamten Schilddrüse und der regionalen Lymphknoten (=Filterstationen für Krebszellen) notwendig. Bezogen auf die Lymphknotenchirurgie ist das Vorgehen radikaler als bei den anderen Typen des Schilddrüsenkarzinoms, und ist für den weiteren Krankheitsverlauf (Prognose) entscheidend!

Calzium

Zum Ausschluss von Überfunktionszuständen der Nebenschilddrüse ist immer die Bestimmung des Calziumspiegels im Rahmen der Schilddrüsenfunktions-untersuchung notwendig!

Liegt reproduzierbar ein erhöhter basaler Calciumspiegel vor, ist das sehr wahrscheinlich erster Hinweis auf eine Nebenschilddrüsenüberfunktion (siehe dort). Diese wird durch eine oder mehrere vergrößerte Nebenschilddrüsen, die letztlich eine Überproduktion des Parathomons verursachen, hervorgerufen. Diese Erkrankung muss chirurgisch behandelt werden und wird zusammen mit behandlungsbedürftigen Schilddüsenkonten entfernt (siehe dort).

Bildgebende Diagnostik

Ultraschall

In der bildgebenden Diagnostik wird hauptsächlich der Ultraschall eingesetzt.

Die sorgfältige Ultraschalluntersuchung von einem erfahrenen, niedergelassenen Radiologen oder im Rahmen der nuklearmedizinischen (Isotopen-)Untersuchung beschreibt die Gesamtgröße der Schilddrüse (in ml), getrennt die Größe jedes Schilddrüsenlappens (in mm, eventuell zusätzlich in ml), die Anzahl der Schilddrüsenknoten, ihre genaue Größe und Lage in der Schilddrüse sowie das „Ultraschallbild“. (isodens, hypodens, hyperdens; scharf/unscharf begrenzt, Verkalkungen ja/nein) Die genauen Angaben sind für eine genaue Operationsplanung wichtig.

Kernspintomografie

ist nur in besonderen Situationen (sehr große hinter das Brustbein reichende Strumen) zur Festlegung des Operationszugangs notwendig.
KEINE Computertomografie durchführen!! (Jodhältiges Kontrastmittel)

Szintigraphie

Sie wird zur Funktionsuntersuchung von Knoten (größer 10mm) und bei Überfunktion eingesetzt.

Feinnadelaspiration (Biopsie) – FNA(B)

Eine Untersuchung wird mit einer dünnen Nadel (Feinnadelpunktion; Feinnadelaspirationsbiopsie) durchgeführt. Es werden nur umschriebene hypofunktionelle [„kalte“] Knoten [= Risikoknoten, ca. 5% sind bösartig] untersucht. Die Punktion dient zur Gewinnung von Zellen (Zytologie). Die FNA(B) erlaubt eine „grobe“ Unterscheidung zwischen „gutartigen“ und „bösartigen“ Schilddrüsenknoten. Es ist jedoch keine 100%ige Aussage möglich.

Es gibt Knoten, die weder als „gutartig“ noch als „bösartig“ klassifiziert werden können. Sie werden als „follikuläre Neoplasie (Proliferation)“ bezeichnet. 25% dieser „Hochrisikoknoten“ sind in der definitiven Klassifikation (nur durch histologische Untersuchung des gesamten Knotens möglich) bösartig. Sie müssen immer einer operativen Behandlung zugeführt werden. Nur durch Untersuchung des ganzen Knotens mit dem umgebenden Gewebe (histologische Untersuchung) ist der eindeutige Ausschluss von Bösartigkeit möglich.

Schilddrüsenoperation = Chirurgische Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen

Der Standardeingriff beim „malignomverdächtigen“ („kalten“ = hypofunktionellen) Knoten ist die Entfernung des gesamten knotentragenden Schilddrüsenlappens (=Hemithyreoidektomie).

Bei sehr großen gutartigen knotigen Veränderungen der Schilddrüse (mit normaler Funktion oder Überfunktion) bzw. bei Autoimmunhyperthyreose (M.Basedow) erfolgt zunehmend eine (fast) totale Schilddrüsenentfernung (= Thyreoidektomie).

Wird Schilddrüsengewebe zurückgelassen, so muss dieses knotenfrei sein. Der Standardeingriff bei prä- und/oder intraoperativ nachgewiesenen Schilddrüsenkarzinomen ist die totale Entfernung der Schilddrüse mit beidseitiger zentraler Halsdissektion (Entfernung aller Lymphknoten entlang beider Stimmnerven) und Leitlinien konformer seitlicher (lateraler) Halsdissektion (= Lymphknotenentfernung entlang der großen Halsgefäße)

Mögliche Komplikationen von Schilddrüsenoperationen

Die „Qualität“ von Schilddrüseneingriffen wird an der Rate bleibender Komplikationen gemessen.

Narbengewebe nach bereits erfolgter Teilentfernung der Schilddrüse (=Rezidivoperation) bzw. bösartige Schilddrüsenerkrankungen können die Schilddrüsenoperation erschweren.

Narbenkelloide (über das eigentliche Wund- bzw. Narbengebiet hinausgreifende derbe, platten-, wulst- oder höckerförm., blaßrosa- bis alabasterfarbene Bindegewebswucherungen mit glatter Oberfläche) oder oberflächliche Hämatome (Blutergüsse) sind dank sorgfältigster Operationstechnik zwar sehr selten, aber möglich.

Ein dauernde Nebenschilddrüsenunterfunktion (permanenter Hypoparathyreoidismus;Nebenschilddrüse) vor allem aber eine dauernde Funktionsstörung des Stimmnerven (permanente Lähmung=Parese des Nervus laryngeus recurrens) beeinflussen nachhaltig negativ die Operationsergebnisse.

Die Frequenzen der permanenten, therapiebedürftigen Nebenschilddrüsenunterfunktion und der permanenten Recurrensparese, eng miteinander durch ihre anatomische Nähe verbunden, werden durch die Sorgfalt des Operateurs, vor allem aber von seiner Erfahrung (subtile Operationstechnik, Kenntnis der normalen Anatomie und ihrer Variationen) beeinflusst.

Je mehr Erfahrung der Operateur umso geringer die Komplikationsrate - dies wurde vorallem für Schilddrüsenoperationen in zahlreichen Studien bewiesen!

Permanente Paresen des Nervens von über 5%, sind Folge inadäquater Operationstechniken und gehen zu Lasten einer nicht systematischen Identifizierung und Darstellung der Nerven.

Die Darstellung des Nerven bei jedem Schilddrüseneingriff ist ein normales chirurgisches Prinzip und muss immer (Ausnahme: Isthmusresektion = Sitz eines Schilddrüsenknotens in der Gewebebrücke vor der Luftröhre) durchgeführt werden.

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen können eingriffsbedingte, permanente Schädigungen nicht vollständig ausgeschlossen werden. Im Idealfall sollte die Frequenz einer permanenten einseitigen Recurrensparese um 1% liegen, 3% aber nicht überschreiten.

Intraoperatives Neuromonitoring

Unter Neuromonitoring versteht man die optische und akustische Darstellung der neurophysiologischen Aktivität des Stimmnervens während der Operation.

Mit Hilfe des intraoperativen Neuromonitorings gelingt die fortlaufende Kontrolle des Stimmnerven, der im Rahmen der Schilddrüsenfreilegung gefährdet ist. Makroskopisch nicht sicher erkennbare Nerven können mittels Neuromonitoring leichter identifiziert werden.

Vorübergehende Funktionsstörungen des Stimmnervens (verursacht durch Hämatome, Schwellungen) können durch das intraoperative Neuromonitoring nicht vollständig verhindert werden.

Der Einsatz des Neuromonitoring ist besonders bei „schwierigen“ Operationen sinnvoll, die mit einer Veränderung des Nervenverlaufs einhergehen können. Schwierig ist eine Operation dann, wenn der/die Knoten sehr groß sind und/oder hinter das Brustbein reichen.

Minimal-invasives Operationsvorfahren = kleinstmöglicher operativer Zugang

Ziel jeder Operationstechnik - vorallem auch am Hals - ist natürlich das möglichst beste kosmetische Ergebnis für die PatientInnen. Allerdings darf hierbei natürlich auch nicht die Sicherheit - also die Vermeidung von Komplikationen - sowie die Effizienz - also das Erreichen des Operationsziels - übersehen werden.
Bei Schilddrüsen-Operationen kommen heutzutage minimal-invasive Therapieverfahren (kurzer Hautschnitt) zum Einsatz. In den letzten Jahren wird hierfür auch der Einsatz von Endoskopen/Videoassistenz (Knopfloch) versucht. Diese "assistierten" Verfahren - in anderen Bereichen sinnvoll und daher Routine - sind für Operationen der Schilddrüse sehr umstritten und heftig diskutiert:

Zwischen Kosmetik und Sicherheit

„Minimal invasive Techniken“ mit Endoskopen haben auch Eingang in die chirurgische Endokrinologie gefunden. Noch immer heftig diskutiert sind Operationstechniken an der Schilddrüse.

Verschiedene endoskopische Operations-Techniken (mit Videokamero durch einen "Hauttunnel"), die in den vergangenen Jahren an der Schilddrüse versucht wurden, zeigen, dass man es auch übertreiben kann. Es ist wichtig, dass dem Ziel „minimal invasiv“ vorzugehen, auch wirklich Rechnung getragen wird. Eine japanische Arbeitsgruppe macht seit Jahren den Schnitt in der Achselhöhle und einen langen Weichteiltunnel, um endoskopisch an den Hals zu kommen (in Europa aus verschiedenen Gründen nicht durchgesetzt). Eine andere Gruppe geht zusätzlich über Schnitte beidseits über der Brustwarze vor. Neuerdings wird auch durch einen Schnitt unter der Zunge operiert. Damit hat man am Hals zwar keinen Schnitt - aber der Weg bis zur Schilddrüse ist lange und bietet Raum für gefährliche Komplikationen - ob dieser Ansatz wirklich "minimal invasiv" ist, ist zu hinterfragen. Der richtige Weg liegt in der Mitte: Man sollte beides verbinden: Einen kosmetisch möglichst günstigen und kleinen Schnitt bei maximaler Sicherheit für die PatientInnen.

Limitierungen im Einsatz von Endoskop und Videoassistenz

Auf wenn endoskopische bzw. videoassistierte Verfahren bei Schilddrüsenerkrankungen möglich sind, so haben sie auch entscheidende Limitierenungen. Endoskopische Eingriffe benötigen mehrere Schnitte. Das bedingt lange Operationszeiten und ist nur bei sehr kleinen Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenknoten möglich. Etwas besser ist das bei den sogenannten „videoassistierten“ Eingriffen. Videoassistiert bedeutet, man verwendet einen Schnitt, durch den ein Endoskop eingeführt wird. Dann mobilisiert man teilweise "offen" mit Hilfe einer Lupenbrille, teilweise „endoskopisch“ (mit Videokamera) die knotentragende Schilddrüsenhälfte oder die ganze Schilddrüse. Das Limit liegt aber bei einer Knotengröße zwischen zwei und maximal drei Zentimetern (größere Knoten können nicht entfernt werden). Hier gilt es zwischen kleinem Zugang, Übersicht und möglichen Komplikationen abzuwägen. Möglicherweise stellt ein Knoten von einem Zentimeter ohne klinischen oder sonografischen Hinweise auf Bösartigkeit gar keine Operationsindikation dar. Steht der Verdacht auf Bösartigkeit im Raum ist die Anwendung endoskopisches Vorgehen auch deshalb zu hinterfragen, da Operationenstrategien, die auf die vollständige Therapie von bösartigen Veränderungen abzielen (oftmals auch mit Lymphknoten-Probe-Entnahmen), überwiegend nicht angewandt werden können.

Optimaler Zugangsweg

Alternativ und praktisch ohne Einschränkung anwendbar ist das sogenannte „minimal invasive offene“ Verfahren. Dabei richtet sich die „Schnittlänge“ nach dem größten Knoten. Ist der Knoten zB. drei Zentimeter groß, wird ein 2,5 Zentimeter großen Hautschnitt zur Entfernung ausreichen. Mit diesem Verfahren können auch Knoten operiert werden, die für endoskopische Techniken zu groß sind. Der „größenangepasste Zugang“ wird am Hals kosmetisch möglichst günstig, also am besten in einer vorhandenen Hautlinie(-falte), gelegt. Im Bereich des Operationsgebietes wird möglichst atraumatisch vorgegangen. Die Operation wird mit der Lupenbrille gemacht, um die Wahrscheinlichkeit einer permanenten Schädigung der Stimmnerven und der Nebenschilddrüsen unter einem Prozent, am besten unter 0,5 Prozent zu halten.

Offen minmal-invasiv ist das bevorzugte Vorgehen. Der „alte“ Standard, für einen drei Zentimeter großen Knoten einen fünf Zentimeter und längeren Zugang zu machen, wird durch diese Technik abgelöst.

Alternative Behandlungsmöglichkeiten

Radiojod Therapie

Schilddrüsenerkrankungen mit Überfunktion (Diffuse beidseitige Schilddrüsenvergrößerungen – M. Basedow; einzelne zur Überfunktion neigende oder mit Überfunktion einhergehende Knoten = unifokale Autonomie), also Veränderungen ohne Verdacht auf Bösartigkeit, können als Alternative zur Operation mit radioaktivem Jod behandelt werden.

Das dabei verwendete radioaktive Jod soll zielgerichtet jene überaktiven Schilddrüsenzellen zerstören, die behandelt werden müssen.

Bei Anwendung kommt es weder zu einer Narbe oder Schädigung der Stimmnerven noch zu einer Verletzung der Nebenschilddrüsen. Auch das Risiko einer Nachblutung fehlt. Im Vergleich zur diagnostischen Anwendung ist die Strahlenbelastung höher.

Eine Radiojodtherapie wird nicht bei Schwangeren und Stillenden durchgeführt.

Bei Morbus Basedow mit Augenmitbeteiligung (Endokrine Orbitopathie) können sich die Augenbeschwerden (Verdickung der Augenmuskeln, Doppelbilder) durch eine Radiojodtherapie verschlechtern. Bei Morbus Basedow mit Augenmitbeteiligung wird daher individuell entschieden, ob eine Radiojodtherapie eine geeignete Therapiemöglichkeit darstellt.

Sklerotherapie

Die perkutane Injektion von Alkohol (Ethanol) in einen solitären, autonomen Knotenführt zur Verödung (Sklerotherapie) des Knotens. Die Sklerotherapie ist eine Alternative zur Schilddrüsenresektion und zur Radiojodtherapie. Sie kann ambulant durchgeführt werden.

Die besten Erfolge bezüglich Verkleinerung und Funktionsrezidiv heißer (hyperfunktioneller) Schilddrüsenknoten bringt die Behandlung kleiner Knoten (unter 15 ml) mit nur geringer Neigung zur Schilddrüsenüberfunktion (subklinische Hyperthyreose).

Ein vorübergehendes lokales Druckgefühl, ausstrahlende Schmerzen und eine vorübergehende Irritation des Nervus laryngeus sind bekannte mögliche Nebenwirkungen.

Radiofrequenzablation

Die Hochfrequenzablation (Syn.: Radiofrequenzablation, RFA, oder Thermoablation) ist eine Methode zur lokalen Zerstörung von Gewebe. Dabei wird ein Applikator in den Knoten eingebracht und durch Hochfrequenzablation eine Thermonekrose (Hitzezerstörung) durch die Wärmeentwicklung des Hochfrequenzstroms erzeugt.

Die Sonde wird unter Ultraschall Kontrolle direkt in den Knoten eingeführt.

Aktuelle Studien zeigen, dass das Volumen der Knoten drei Monate nach der Behandlung durchschnittlich um 30 bis 50 Prozent weniger geworden ist, nach sechs Monaten hat es sich um 40 bis 65 Prozent reduziert und nach einem Jahr ist es durchschnittlich 50 bis 90 Prozent kleiner geworden.

Die Methode ist geeignet, wenn es sich um einzelne oder wenige Knoten handelt. Sie ist nicht geeignet bei bösartig veränderten Knoten. „Kalte“ Knoten müssen vor der Therapie genau abgeklärt und Bösartigkeit möglichst genau ausgeschlossen werden, Besteht nur der geringste Verdacht auf Malignität (Bösartigkeit), muss operiert werden.

Es gibt zurzeit keine verlässlichen Langzeitbeobachtungen nach Radiofrequenzablation.